Marzi's Little Shop of Horrors, Runde 1: Versuch macht flausch.

Zur Dokumentation von laufenden Projekten. Zeigt her in Wort und Bild, was ihr gerade näht oder bastelt.

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Marzi Panik
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Re: Marzi's Little Shop of Horrors oder Klonen für Anfänger

Beitragvon Marzi Panik » 19. Nov 2021, 14:22

Soooo…ich will ja hierbei auch etwas lernen und werde wohl eh mehrere Versuche starten müssen, deswegen denke ich, dass es wichtig ist, dass ich mal aufschreibe, was da jetzt an welcher Stelle eigentlich passiert und gemacht wird, weil ich sicherlich später mehrere Sachen anpassen und ändern muss.

Also: Wie funktioniert eine pflanzliche Gewebekultur?
Die pflanzliche Gewebekultur (häufig abgekürzt TC = tissue culture) ist eine Form der asexuellen Vermehrung von Pflanzen. Dabei macht man sich die Fähigkeit von Pflanzen, sich aus Zellen wieder komplett zu reproduzieren, zunutze. Am häufigsten werden dazu Sprösslinge, Blattteile, Sprossknoten, Wurzelknoten, Knospen usw. verwendet. Prinzipiell scheinen neuere Triebe besser geeignet zu sein als alte Pflanzenteile.

Der Prozess verläuft in mehreren Stufen:
1. Vorbereitung
2. Initiation/Einleitung
3. Multiplikation/Vermehrung
4. Anwurzeln
5. Akklimatisierung/Eingewöhnung

1. Vorbereitung
a) Sterilisation der Arbeitsumgebung und des -materials
b) Herstellung des Nährmediums

a) Sterilisation
Das Nährmedium bietet leider absolut optimale Wachstumsbedingungen für Pilze und Bakterien. Daher ist es wichtig, wirklich ALLES (auch die Pflanze!) zu sterilisieren, nirgendwo draufzuatmen usw. Labore haben dazu fancy Equipment und Werkbanken mit Glasscheiben und Luftabzügen. Sowas hat natürlich kaum jemand zuhause und das wird wahrscheinlich (neben der Zusammensetzung des Nährmediums) das grösste Problem. Ich werde dafür folgende Vorkehrungen treffen:
- Alles, was druck- und hitzebeständig ist (Erlenmeyerkolben, Skalpell, Alufolie usw.) wird im Dampfkochtopf im Wasser abgekocht (15psi, 15 Minuten lang)
- Alles, was das nicht aushält (Gläschen für die Anzucht usw.), wird gründlich mit Spülmittel abgewaschen und dann noch einmal mit verdünntem Chlorreiniger noch einmal gewaschen. Sämtliche Oberflächen gründlich schrubben und dann noch einmal mit Desinfektionsmittel (Putzalkohol o.ä.) noch einmal gründlich abwischen.
- Besteck zwischendurch über Flamme sterilisieren, angefasste Sachen immer wieder mit Desinfektionsmittel reinigen
- Maske tragen und an heiklen Stellen Luft anhalten ^^
- Handschuhe tragen (und desinfizieren) …vor allem meinen Händen zuliebe
- Destilliertes Wasser verwenden (v.a. wegen der Mineralien und Nährstoffe im Leitungswasser, über die wir sonst nicht genug Kontrolle hätten)
ACHTUNG: Giftstoffe!!!
ACHTUNG2: In den Dampfkochtopf darf wirklich nur, was mit dem Druck und der Hitze klarkommt – gerade beim Glas supervorsichtig sein, das platzt sonst.
ACHTUNG3: Wenn das Zeug aus dem Dampfkochtopf kommt, ist es WIRKLICH sehr heiss. Ofenhandschuhe o.ä. benutzen.

b) Nährmedium
Im Labor wird als Grundmedium meist ein Murashige-Skoog-Medium (kurz MS0, sh. https://www.biologie-seite.de/Biologie/ ... oog-Medium) verwendet, dem zusätzlich speziell auf die Pflanze abgestimmte Wachstumshormone (Cytokininlösung und Auxinlösung), Kohlenhydrate und weitere Nährstoffe hinzugefügt werden. Cytokinin fördert die Zellteilung und das Streckenwachstum, Auxin wird für die Zellteilung, das Zellwachstum und die Wurzelbildung benötigt. Ausserdem wird Pflanzenschutzmittel hinzugefügt (eben wegen der Bakterien usw.). Dazu kommt dann meist noch Agar, damit das Ganze dann ein Gel wird und das Pflänzchen etwas zum Festhalten hat. Einige Pflanzen benötigen 2 verschiedene Medien, erst eines für die Grundvermehrung und dann ein zweites fürs Anwurzeln, in welchem mehr Auxin und kein Cytokinin mehr enthalten ist.
MS0 usw. kann man mittlerweile (online) kaufen. Aber wir sind hier ja eine DIY-Community, deshalb werde ich für den ersten Versuch mein Medium selbst herstellen. Ich orientiere ich hierfür an diesem Rezept (Tabelle auf S. 12), das extra für Gewebekultur zuhause erstellt wurde: https://4h.extension.illinois.edu/sites ... niques.pdf
Das ist ein Alles-in-eins-Rezept für die Zucht in EINEM Medium (nicht in zwei), wird also sicherlich nicht für alles geeignet sein. Aber es ist ein Anfang. Anstatt von Leitungswasser werde ich aber destilliertes (oder zumindest destillatgleiches) Wasser verwenden – unser Wasser hier hat wirklich viele Mineralien drin. Ausserdem werde ich wohl den PH-Wert der Flüssigkeit testen und ggf. mit Essig oder Natron ausgleichen. Optimal ist ein PH-Wert zwischen 5.5 und 5.9. «Thiamine» ist Vitamin B1, Inosit läuft auch unter «Muskelzucker» und der dort beschriebene Dünger ist ein Universaldünger NPK mit 10 Teilen Stickstoff (Nitrate), 10 Teilen Phosphat und 10 Teilen Kaliumoxid. Die Vitamintablette, das Inosit und der Dünger dienen als Ersatz für das Zeug, das im MS0 und in den Nährstoff- und Hormonmixen drin ist. Und der Zucker ist unsere Kohlenhydratquelle. Wenn das alles fertiggekocht ist, lässt man es abkühlen und bewahrt es noch ca. einen Tag im Kühlschrank auf, damit sich das Medium in den Gläschen setzen kann. Scheinbar hält sich das im Kühlschrank auch wohl ein Weilchen. Wie genau ich das zusammenbrutzle, folgt, wenn ich mit dem Versuch endlich starten kann. :D

2. Initiation
Von der Stammpflanze wird der Teil abgeschnitten, der für die Vermehrung am besten geeignet ist. Das Rezept, was ich verwende, wurde unter anderem an Zebrakraut-Triebspitzen getestet – praktischerweise habe ich das hier, also werde ich das auch wohl für meinen ersten Test verwenden. Vielleicht teste ich auch direkt noch andere Pflanzen, mal schauen, ob ich hier gerade noch mehr rumschnippeln mag. Das Schneidewerkzeug muss sauber sein und vorher desinfiziert werden. Ich beschreibe an dieser Stelle jetzt nur mal die DIY-Variante, im Labor wird das meist auch in mehreren Schritten durchgeführt: Die Triebspitze abschneiden und gut abspülen (mit Seifenwasser und mit Wasser nachspülen), die Blätter entfernen und dann für 5 in eine Lösung aus Wasser und Chlorreiniger (laut Rezept 10%, ich werde wohl eine andere Zusammensetzung benötigen, da in den USA höher dosierter Chlorreiniger verkauft wird) mit ein paar Tropfen Spülmittel geben und gut schütteln. Der Chlorreiniger killt alles, was nicht die Pflanze ist, aber auf ihr lebt, und das Spüli dient als Tensid, damit der «Dreck» nicht an der Pflanze haften bleibt. Danach wird die Triebspitze noch einmal gut mit destilliertem Wasser gespült und von der Säure verbrannte Teile werden entfernt. So werden auch die Zellen der Pflanze freigelegt, an denen dann hoffentlich neues Wachstum entsteht. Das Explanat – so heisst unser Pflanzenstück jetzt – wird dann vorsichtig ins Nährmedium gesteckt (mit Pinzette). Die offenen Teile sollten in Kontakt mit dem Medium kommen. Vorsicht: Nicht ins Glas atmen, sonst ist wieder alles voll mit Zeug, das wir nicht haben wollen. Schnell den (desinfizierten) Deckel wieder drauf und wegstellen.

3./4. Multiplikation und Anwurzeln
Jetzt kann unser Explanat wachsen. Am besten funktioniert das bei 16 Stunden Tageslicht und zwischen 23 und 24°C. Weniger Licht und niedrigere Temperaturen führen zu langsamerem Wachstum. Der Zucker und der Cytokinin- und Auxinersatz im Nährmedium helfen nun wie folgt: An den angeschnittenen Stellen bilden sich neue Triebe. Hier gilt: «Shoots before roots». Zuerst Triebe, dann Wurzeln. In unserer Ersatzlösung sollte mit ausreichend Zeit aber wohl beides funktionieren, wir brauchen hier kein zweites Medium für die Wurzelbildung (hoffentlich). Die Wurzeln sind aber erst einmal nicht so wichtig, sondern die Triebe. Sobald sich diese gebildet haben, haben wir an dieser Stelle die Möglichkeit, die Triebe abzutrennen und in neue Gläser mit Nährmedium zu verteilen und so unsere Pflanzen zu vermehren. Das nennt sich dann Subkultur (haha). So könnten wir, wenn es gut läuft, vllt. beim ersten Durchgang aus unserer einen Triebspitze 5 neue Pflänzchen klonen – und nach einem Jahr hätten wir über 15.000. :-O Dafür habe ich aber nicht genug Platz :D Es kann natürlich sein, dass das nicht klappt. Wenn sich Schimmel usw. bildet, kann ich den Inhalt des betroffenen Glases entsorgen. Wenn die Triebe dann anwurzeln sollen, lasse ich sie einfach noch weiter im Glas. Sobald das geschehen ist oder sich zumindest Ansätze bilden, ziehen sie um in erdfreies Substrat (z.B. Perlit oder Sphagnum-Moos), wo sie weiter anwurzeln können.

5. Akklimatisierung
Die kleinen Pflänzchen sind jetzt sehr, sehr verwöhnt. Sie kennen nur perfekte Bedingungen: Keine Krankheiten, keine Schädlinge, perfekte Temperatur, 100% Luftfeuchtigkeit…deshalb müssen sie ganz vorsichtig an das Leben in der grossen, weiten Welt gewöhnt werden. Das heisst: Keine grösseren Temperaturschwankungen und Luftfeuchtigkeit laaaangsam senken. Dazu werde ich sie wohl erst einmal in eine Plastikbox umziehen lassen, in die ich zusätzlich noch Wasser stelle. Dann wird das Extrawasser irgendwann entfernt, dann wird öfter gelüftet und irgendwann sollten sie genug abgehärtet sein, dass sie auch ohne diese Sonderbehandlung klarkommen und ausziehen dürfen. 😊

Puh, das war jetzt erst einmal ziemlich viel (und noch nicht einmal sehr ausführlich), aber so habe ich jetzt etwas, an dem ich mich entlangarbeiten kann. Wie genau ich in den einzelnen Schritten vorgehe und was da womöglich wächst (oder auch nicht), werde ich dokumentieren.

Bitte entschuldigt die Wall of Text, aber ich musste unbedingt meine Notizen mal sortieren.
Bis nächste Woche wird hier dann wohl erst einmal Ruhe sein, bis dahin sollte ich dann hoffentlich alles zusammen haben. Aber dann kann’s losgehen – wuhu!

*Heissgetränke und Kompost verteil

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Re: Marzi's Little Shop of Horrors oder Klonen für Anfänger

Beitragvon Florence » 19. Nov 2021, 14:29

Bloß nicht entschuldigen für die Wall of Text!

"The only difference between fooling around and science is writing it down" haben die Mythbusters gesagt.

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Re: Marzi's Little Shop of Horrors oder Klonen für Anfänger

Beitragvon MadebyMyri » 19. Nov 2021, 15:29

Klingt sehr spannend. Hier schaue ich zu (und vermehre meine Stecklinge weiter im Garten, auch wenn das etwas länger dauert... für 50 neue Himbeerstöcke reicht mein Lowtech.
mein Blog ist wiederbelebt und ich werde zukünftig dort Tutorials und Schnittmuster für Kinderkram veröffentlichen
http://le-saucisson.blogspot.fr/

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Re: Marzi's Little Shop of Horrors oder Klonen für Anfänger

Beitragvon Neomycin » 9. Dez 2021, 17:06

Oh, jetzt erst gesehen, hier gucke ich natürlich auch zu!
Sag bescheid, wenn du mal Hilfe im "Labor" brauchst :mrgreen:
And crawling on the planet's face, some insects, called the human race. Lost in time and lost in space... and meaning


Und ich wär hier so gerne zu Hause, denn die Erde ist mein Lieblingsplanet
Doch ich werde hier nie so zu Hause sein, wie die Freunde der Realität ~ Funny van Dannen

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Re: Marzi's Little Shop of Horrors, Runde 1: Versuch macht flausch.

Beitragvon Marzi Panik » 16. Dez 2021, 19:30

Neomycin hat geschrieben:
9. Dez 2021, 17:06
Oh, jetzt erst gesehen, hier gucke ich natürlich auch zu!
Sag bescheid, wenn du mal Hilfe im "Labor" brauchst :mrgreen:
Für den zweiten Anlauf gerne! Deeeeeen wird es nämlich auch geben, das war nämlich wohl nichts. :lol:

Sorry, dass ich mich jetzt erst melde, mein Hirn musste erst den Schwimmbadgeruch ausdünsten. Ich kann aber vermelden, dass hier 8 Gläschen gut beleuchtet auf der Heizmatte stehen und in einigen etwas wächst... Aber der Reihe nach:

27. November 2021:
Nachdem ich meine ganzen Zutaten zusammenhatte, wurde alles erst einmal grundgereinigt. Die Anzuchtgläser und Erlenmeyerkolben habe ich gut geschrubbt und dann mit etwas Wasser darin in die Mikrowelle gestellt, weil ich mir nicht sicher war, ob die im Dampfkochtopf nicht doch platzen würden:




Die Deckelchen und das Besteck habe ich abgekocht. Die Deckel - weil ich diese recyclet habe - haben leider so Gummiplastikgedöns dran und ich bin mir nicht sicher, ob das höhere Temperaturen aushalten würde.



Hier gibt es auch wohl schon Verbesserungspunkt 1: Ich denke, für Versuch 2 werde ich alles in den Backofen schmeissen. Die Mikrowelle ist zwar ganz gut geeignet, aber Abkochen bei 100°C ist wohl für einiges Bakterienzeug nicht genug. Also für Versuch 2: 130°C im Backofen. Das hätte dann ausserdem den Vorteil, dass ich wahrscheinlich alles auf einmal hineinbekomme.

In der Zwischenzeit habe ich den kompletten Arbeitsbereich sehr, sehr gründlich geschrubbt und danach noch mit Desinfektionsmittel bearbeitet. Dieses hat sich auch nicht ganz als zufriedenstellend erwiesen und wird in Versuch 2 durch Chlorreiniger und Reinigungsalkohol ersetzt. Achtung: Wenn ihr mit so scharfem Zeug in eurer Küche arbeitet, geht vorher sicher, dass das auch mit eurer Arbeitsfläche verträglich ist. Unsere ist aus einem (hässlich blauen) Quarzit, die macht das mit.


Dann habe ich die Glaswaren noch einmal mit Chlorreinigerlösung abgespült: Hierzu 2 Teile Javelwasser (besagter Chlorreiniger) mit 8 Teilen destillatgleichem Wasser verdünnt und ein paar Tropfen Geschirrspülmittel als Tensid hinzugegeben:


Deckelchen und Metallzeug habe ich noch einmal mit Desinfektionszeug behandelt. Da nehme ich beim nächsten Mal aber lieber Putzalkohol, da das Desinfektionzeug akute Anlaufgefahr mit sich bringt. Ausserdem trocknet es nicht schnell genug und hat schon ein Tensid drinne. Das brauche ich an dieser Stelle nicht.

Dann durfte das ganze Zeug auf (desinfizierter) Alufolie (auch hier nächstes Mal Alkohol UND zusätzlich in den Backofen) vor sich hintrocknen:


Dann ging es ans "Kochen" des Nährmediums :D
Hier mal das Rezept, dass ich dieses Mal verwendet habe...bzw. wollte (mehr dazu später):
1 cup (236ml) destillatgleiches Wasser
1 cup (236ml) Düngerlösung mit 10:10:10 NPK-Dünger
1/8 cup (30g) Zucker
1/2 Inositol-Kapsel 250mg (Pulver)
1/4 Multivitamintablette (gemahlen)
2 tablespoons (gestrichene Esslöffel) Agar-Flocken

Zuerst habe ich mich an das Herstellen der Düngerlösung gemacht. Und daaaaa fängt es an: Ich habe keinen "reinen" NPK(Stickstoff, Phosphor, Kalium)-Dünger. Dachte mir, wird wohl nicht so schlimm sein, also habe ich stattdessen einen anderen Universaldünger verwendet. Für's nächste Mal bestelle ich wohl "reinen" NPK-Dünger online :-/ Im Rezept hatten sie wohl pulverförmigen Dünger, von dem sie 1 tablespoon auf eine gallon Wasser gegeben haben. Ich habe stattdessen die Mischanweisung auf der Flasche befolgt und musste mit einer Dosierspritze improvisieren, weil die Anweisung natürlich nur für grössere Mengen geschrieben ist und ich nicht so viel wegschütten wollte (meine Pflanzen hatten alle gerade erst frischen Dünger gesehen).


Dann musste ich voller Entsetzen feststellen, dass wir tatsächlich KEINEN Zucker zuhause hatten. Aus den Untiefen des Backzutatenschranks konnte ich aber noch Puderzucker ausgraben. 1/8 cup Puderzucker sind zwar nicht gleich viel wie 1/8 normaler Zucker, aber 30g sind 30g. :D Also kam der rein.

Dann also noch die Tabletten im desinfizierten Mörser kleinmachen:


Und dann ist mir in meiner Verpeiltheit, sofern ich mich richtig erinnere, ein Fehler unterlaufen. :D Zwar habe ich es geschafft, die Multivitamintablette ungefähr zu vierteln, aaaaber ich habe wohl kurzfristig vergessen, dass meine Inositol-Kapsel 500mg und nicht 250mg hatte....und ich habe versehentlich die Hälfte anstatt nur eines Viertels reingeschüttet. Arghs. Nun ja, das habe ich an dieser Stelle natürlich nicht gemerkt und so kam der ganze Kram auf den Herd zum Kochen. Dazu kamen dann noch 2 gestrichene Esslöffel Agar. Hier sehe ich aber schon das nächste Problem: Ich habe meines aus der Apotheke, weil das, was im Supermarkt verkauft wird, nicht reines Agar ist. Hätte ich doch besser das Supermarkt-Agar nehmen sollen? Und das nächste Problem: Meines ist pulverisiert und nicht in Flocken. DAS sehe ich als das grössere der beiden Agar-Probleme an...

Nur, um hier schon einmal ein Zwischenfazit zu ziehen...bisher haben sich schon einmal folgende Fehler eingeschlichen: 1. Verbesserungswürdige Desinfektionsmethodik. 2. "Ach, wird schon passen"-Düngerlösung und 3. viel zu viel Inositol. 4. Fragwürdige Menge Agar. Lol.

Die Ränder der Erlenmeyerkolben noch einmal desinfiziert und dann die seltsame Suppe schnell dort einfüllen und die Kolben mit desinfizierter Alufolie abgedeckt in den Dampfkochtopf. Dort durften sie dann noch einmal 15 Minuten auf der höchsten Stufe brodeln, damit hoffentlich alles, was da drin noch lebt, abgetötet wird. Huiuiui....


Und jetzt gibt es, weil ich wirklich sehr, sehr schnell arbeiten musste, leider keine Bilder der nächsten Schritte.
Während die Nährlösung im Dampfkochtopf vor sich hinbrodelte, habe ich noch einmal die Arbeitsfläche sehr gründlich geschrubbt, sämtliche Gläser und Deckel NOCH einmal mit Desinfektionsmittel abgewischt (nächstes Mal UNBEDINGT Putzalkohol), alles mit FFP2-Maske und schickem Tuch über den Haaren und ständigem Handschuhdesinfizieren, wenn ich mal wieder irgendetwas anfassen musste.
Die Erlenmeyersuppenkolben konnten schliesslich aus dem Dampfkochtopf befreit werden und ihr Inhalt wurde so schnell wie möglich in die Gläser gefüllt und diese wiederum möglichst schnell verschlossen. Puh. Dezent stressig. Gefühl habe ich sowieso die meiste Zeit mit Putzen verbracht. :irr: :mrgreen:

Die Gläser durften dann eine Nacht im Kühlschrank schlafen, damit sie für die nächste Zeit schon ausgeruht sind.

Und am nächsten Tag ging es dann endlich weiter. Nun kommen die Pflanzen endlich ins Spiel.

28. November 2021:
Mit meinem desinfizierten (haha, dieses Wort wird noch oft fallen) Skalpell bin ich durch den Wintergarten gehuscht und habe mal ein bisschen herumgeschippelt. Auf dem Bild zu sehen:

a) Senecio herreanus (String of tears)
b) Crassula ovata (Geldbaum)
c) Philodendron scandens "Brasil" (Kletternder Baumfreund)
d) Epipremnum pinnatum aureum (Goldene Efeutute)
e) Trasdescantia zebrina "Silver Sicilian" (Zebrakraut)
f) Tradescantia zebrina "Burgundy" (Zebrakraut)


Die Triebspitzen habe ich erst einmal unter fliessendem Wasser gut gereinigt und etwas ausgedünnt. Ganz so viel brauche ich von den Pflanzen ja auch nicht. Allerdings sind einige meiner Explanate im Laufe des Prozesses doch arg klein geworden, da würde ich beim nächsten Mal wohl etwas mehr dranlassen.


Die ausgedünnten Explanate sind aber auch nach dem Waschen noch zu schmutzig. Wir wollen ja schliesslich alles, was nicht Pflanze ist, abtöten. Aaaalso kamen sie in verdünnten Chlorreiniger (wieder 20%) mit ein paar Tropfen Spülmittel und dann wurden sie darin 15 Minuten lang gut durchgeschüttelt. Boah, 15 Minuten können sich seeeeehr lange anfühlen, das sage ich euch. :shock: :lol:


Geschäumt hat das auch wie doof. Damit keine Reinigerrückstände hängenbleiben, wurden die Explanate danach noch 4-mal mit destilliertem Wasser nachgespült:


Womit ich jetzt wieder beim stressigen Teil angekommen wäre. Dem richtig stressigen Teil. Und es gibt wieder keine Bilder :(
Die Arbeitsgegend wurde wieder desinfiziert und geschrubbt, die Gläser aus dem Kühlschrank geholt und von aussen desinfiziert. Ich habe mir mein Besteck am vorherigen Tag schon desinfiziert in Alufolie verpackt, also musste ich nur noch einmal nachdesinfizieren. Ausserdem brauchte ich meinen Campingkocher (als Bunsenbrennerersatz aka: Flamme zum Besteck desinfizieren), den habe ich natüüüürlich auch desinfiziert. Und dann lief es pro Explanat etwa folgendermassen ab:
1. Arbeitsfläche desinfizieren
2. Pinzette über Flamme desinfizieren, Explanat aus dem Glas fischen und auf der Platte ablegen, mit der Pinzette festhalten
3. Skalpell über Flamme desinfizieren, verbrannte und braune Stellen vom Explanat abschneiden
4. Handschuhe desinfizieren, Glasdeckel abschrauben, Deckel und Glasrand desinfizieren, Explanat mit der Pinzette reindrücken und sich dabei nerven, dass das Agar viel zu fest ist
5. noch einmal schnell Rand und Deckel desinfizieren und sehr schnell wieder verschliessen
6. Alles frisch desinfizieren und mit dem nächsten Explanat wiederholen

Das war wirklich recht stressig, vor allem, weil ich so dermassen oft zwischendesinfizieren musste, weil mir ständig der verdammte Campingkocher ausgegangen ist. Normale Feuerzeuge und Gummihandschuhe sind übrigens auch nicht sehr kompatibel. Und dann muss man noch aufpassen, dass möglichst wenig Bewegung in der Luft ist und man - auch mit FFP2 - ja nirgendwo seinen verseuchten Atem hinverteilt. Oder sonstige Partikel. Ich war sowas von froh, als überall wieder die Deckel draufwaren.
Das Agar war auch viel zu fest und ich musste erst einmal mit der Pinzette vorstochern, damit ich die Pflänzchen überhaupt irgendwie reinbekommen habe. Als wäre es nicht eh schon fummelig genug gewesen...schliesslich muss man ja auch noch darauf achten, dass die richtigen Teile der Pflanze Kontakt mit dem Nährmedium haben. :roll:


Hier einmal eine Reihe Gläser mit Explanaten:


Und zum krönen Abschluss noch die Gläser an ihrer aktuellen Heimat auf dem Schrank. Die Gläser haben noch Etiketten mit Namen der Pflanze und Datum bekommen. Der String of tears ist übrigens irgendwo im Prozess flöten gegangen. :D
Die Heizmatte ist auf 23°C eingestellt und das Grow Light leuchtet 12 Stunden am Tag. Daneben steht der überdramatische Wunderstrauch, der nach genau einer einzigen Nacht unter 15°C seine Blätter hängen liess. Die stehen mittlerweile wieder, aber es sind weniger. :mrgreen:


Tjaaa...das war jetzt dann also vor fast 3 Wochen. Und ich kann sagen, dass ich tatsächlich etwas gezüchtet habe! In einigen Gläsern hat sich gar nichts getan, in anderen hingegegen hingegen wächst wunderbarer weisser Flausch. Wobei die Phase der Flauschigkeit wohl mittlerweile in eine Phase der Schleimigkeit übergegangen ist. Ich erspare euch die Bilder mal und werde die befallenen Gläser entsorgen. ^^ Die Gläser, in denen sich gar nichts tut, werde ich noch ein bisschen stehenlassen und ein Glas, das mit dem Philodendron...also, ich bin mir nicht sicher, ob ich mir das nur einbilde, aber ich glaube, da wächst etwas.

Versuch Nummer 2 muss noch ein bisschen warten, der kann aus Zeitgründen frühestens Ende Januar starten. BIs dahin schaue ich mal, ob in den unschimmeligen Gläsern vielleicht noch Schimmel wächst oder ob sich da vielleicht doch noch auf Pflanzenseite etwas tut uuuund ob das am Philodendron wirklich "richtiges" Wachstum ist. Ich bin da noch sehr skeptisch, weil das insgesamt doch äusserst verbesserungfähig ist. :D

Bis denne und schönen Abend euch!

Liebe Grüsse

Marzi

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Re: Marzi's Little Shop of Horrors, Runde 1: Versuch macht flausch.

Beitragvon Amhrán » 17. Dez 2021, 20:19

Spannend. Ich frag mich ja, ob das Chlorreiniger-Bad den Pflänzchen wirklich gut bekommt? :gruebel:
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Re: Marzi's Little Shop of Horrors, Runde 1: Versuch macht flausch.

Beitragvon Marzi Panik » 18. Dez 2021, 12:05

Amhrán hat geschrieben:
17. Dez 2021, 20:19
Spannend. Ich frag mich ja, ob das Chlorreiniger-Bad den Pflänzchen wirklich gut bekommt? :gruebel:
Das muss gemacht werden, um eventuell auf den Pflanzen sitzende Keime abzutöten. Ohne klappt es auf keinen Fall. Wasserstoffperoxid geht wohl auch, gibt da verschiedene Methoden.
Meine Explanate sahen nach dem Bad ganz ok aus. Falls Stellen verbrannt sind, kann man die einfach wegschneiden.

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Re: Marzi's Little Shop of Horrors, Runde 1: Versuch macht flausch.

Beitragvon Fea Hrive » 18. Dez 2021, 16:02

Sehr spannend hier :o ich bewundere die Vorarbeit und Konzentration, die da drin steckt

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Re: Marzi's Little Shop of Horrors, Runde 1: Versuch macht flausch.

Beitragvon Boobs&Braces » 18. Dez 2021, 16:37

WOW!
Du bist echt wahnsinnig!
Aber mega! Ich drücke die Daumen
Mein Körper hat diese Kurven um die Ecken und Kanten meines Charakters auszugleichen!

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Re: Marzi's Little Shop of Horrors, Runde 1: Versuch macht flausch.

Beitragvon MissWunderlich » 18. Dez 2021, 18:25

Wow, was ein Aufwand :shock: kannst du, falls es klappt, dann unbegrenzt Stecklinge daraus ziehen, oder gibt das nur eine Pflanze?
Und, nicht das ich Ahnung habe, aber: sollten die Deckel für das Growlight nicht durchsichtig sein?
Ich schau auf jeden Fall weiter begeistert zu!
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